Die Esel im Januar 2022

Im letzten Bericht hatten wir ja schon angesprochen, dass wir das Sonnensegel wohl entfernen müssen. Genau das haben wir nun auch getan. Bei regnerischem Wetter lassen wir den Eseln einfach nachts die Decken auf, dann können sie problemlos auch im Paddock stehen, wenn sie möchten. In den nächsten Tagen werden wir den Außenbereich noch mit Paddockplatten auslegen. Unter den Matten wird Schotter verteilt, um eine Drainage sicherzustellen. Dies wird unseren Arbeitsaufwand reduzieren und bei den Eseln für trockenere Füße sorgen.



Altesse ist noch nicht ganz wiederhergestellt, wir können aber bereits gewisse Erfolge verzeichnen. Der Tierarzt war noch einmal da, nachdem sie plötzlich auf dem rechten Vorderbein stark lahmte. Eine Blutuntersuchung zeigte erhöhte Entzündungswerte, allerdings ohne Hinweis auf den Ursprung einer Infektion. Vorsorglich bekam sie eine Antibiose. Zusätzlich begannen wir mit einer TENS Behandlung an Ihrer Wirbelsäule. Das Vorderbein sprach sehr schnell auf das Antibiotikum an. Die seltsamen Zuckungen ihrer Hinterbeine wurden von Reizstrom- zu Reizstrombehandlung weniger. Das hatten wir zwar gehofft, aber in dieser Form wirklich nicht erwartet. Was uns auch überraschte war der Umstand, wie absolut problemlos die Behandlung mit Altesse ablief. Sie bekommt die Kontakte auf den Rücken und einen Gurt um den Bauch, an dem wir das TENS Gerät befestigen. Dann wird das Programm auf mittlerer Stärke eingestellt und eine Fleecedecke über den Rücken gebreitet. Anschließend steht sie eine halbe Stunde angebunden und döst entspannt vor sich hin.
Für die Befestigung der Kontakte mussten wir etwas herum probieren, wir wollten Altesse ja nicht kahl scheren. Also kämmen wir an den Anlegepunkten Scheitel in das Fell und befeuchten mit einem nassen Schwamm die Umgebung. Anschließend wird noch ein Klecks Kontaktgel einmassiert, dann die Kontakte angedrückt. Wenn wir diese hinterher gut ausspülen und in einer Plastiktüte vor dem Eintrocknen schützen, halten sie etwa fünf Anwendungen, bevor sie nicht mehr anhaften.



Altesse darf nun aber vorerst nicht auf die Weide, weil diese zu schlammig und uneben ist, und für sie aufgrund des instabilen Gangs ein Verletzungsrisiko besteht. Meist lassen wir zur Gesellschaft Soupline bei ihr, manchmal auch Kyan.
Im Gegensatz zu Kalimero, dem fellgewordenen Satansbraten, ist Kyan ein unglaublich ruhiger und entspannter Jungesel. Natürlich nur, solange keine der Stuten rossig ist. Er ist ja immer noch nicht kastriert, da seine Hoden sich noch nicht weit genug aus dem Bauch herab gesenkt hatten.


Kyan lehrt seine Menschen in absoluter Vollendung, wie das mit einem Esel ist, der einfach an einer Stelle stehen bleibt und sich keinen Millimeter weiter bewegt. Schon in seiner Fohlenzeit mussten wir erkennen, dass ihm mit keiner Form von Druck beizukommen ist. Kyan wird entweder immer und immer und immer wieder aufgefordert etwas zu tun und dabei ständig sehr freundlich angesprochen, oder man kann die ganze Sache vergessen. Bei Dana oder Soupline darf Mensch auch schon mal etwas energischer werden. Altesse benötigt hin und wieder einen Schubser um in der Realität anzukommen. Nicht so Kyan. Kyan möchte immer und grundsätzlich seine eigenen Entscheidungen treffen. Er meint das nicht als Konfrontation. Ganz im Gegenteil. Für ihn muss einfach alles stimmen. Das kann aber leider quasi bedeuten, dass auf dem Weg zwischen Stall und Weide ein Grashalm nicht so aussieht wie er soll. Da muss er dann erstmal überlegen und schauen. Irgendwann entschließt er sich, der Situation eine Chance zu geben. Allerdings nur, wenn man ihm signalisiert, dass er das auch darf. Sonst legt er den Rückwärtsgang ein und kündigt die Zusammenarbeit. Lösen lässt sich das nur mit einem Lachen, einer Streicheleinheit und einem nächsten Versuch – wenn Kyan so weit ist.